14503 Lehrerfortbildung Informatik in Schloss Dagstuhl

Mittwoch, 10.12.2014 - Freitag, 12.12.2014


Mittwoch, 10.12.14, 9-12 Uhr

Prof. Dr. Paul Müller, ICSY, Integrated Communication Systems, TU Kaiserslautern

Das Internet der Zukunft

Das Internet, so wie wir es heute kennen, wurde vor mehr als 50 Jahren konzipiert und ist in seinen Grundkonzepten bis heute identisch geblieben. Geplant für einfache Anwendungen wie E-Mail und Filetransfer ist es heute geprägt von einer Vielzahl neuartiger Anwendungen für geschäftliche und private Nutzer, für die es ursprünglich nicht konzipiert worden ist.

Im Laufe der Entwicklung, die durch immer neue Anforderungen der Anwendungen bzw. immer neuere Möglichkeiten der Transportnetze gekennzeichnet ist, mussten Mechanismen entwickelt werden, welche diese Anforderungen nachträglich in die Architektur des Internet integrieren. Diese Integration findet nun auf den unterschiedlichen Ebenen statt, indem immer neue Mechanismen hinzugefügt werden, ohne jedoch eine architekturelle Lösung dieser Probleme anzugehen. Daraus resultiert dann die heutige Anfälligkeit des Internet insbesondere gegenüber Angriffen auf die Endnutzer oder die Netzwerkkomponenten. Durch zahlreiche inkrementelle Ergänzungen und Verbesserungen hat sich der Internet-Protokoll-Stack zunehmend zu einem Flickenteppich entwickelt, da für jedes auftretende Problem ein zusätzlicher Workaround entwickelt wurde und noch wird (z. B. NAT, Proxies, QoS-Verfahren, modifizierte Routingverfahren, Mobilitätsunterstützung, Sicherheit), der die Komplexität des Gesamtnetzes steigen lässt und dessen Beherrschbarkeit gefährdet.

Diese Problematik wurde im Projekt G-Lab (German-Laboratory) aufgegriffen um neue Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Der Vortrag stellt nun zum einen das Projekt G-Lab in seinen unterschiedlichen Facetten vor und stellt zum anderen ein neuartiges Werkzeug zur Unterstützung verteilter Experimente vor.


Mittwoch, 10.12.14, 14-17 Uhr

Prof. Dr. Dr. Klaus Peter Jantke, Leiter der Abteilung Kindermedien des Fraunhofer IDMT, Ilmenau, mit Sitz in Erfurt

Game-based Learning

Niemand würde etwas dagegen haben, im Schlaf zu lernen, und es soll ja noch immer Leute geben, die sich vor einer Prüfung ein Buch unter das Kopfkissen legen. Spielend lernen klingt beinahe genau so attraktiv. Aber wollen wir das wirklich? Wollen wir dem Grübeln seinen Ernst nehmen? Und kann das überhaupt funktionieren? Wer fundierte Antworten finden möchte, wird wohl in die Fachliteratur schauen ... und enttäuscht werden. Zu jeder Auffassung findet sich das Gegenteil. Jede Studie wird durch eine andere widerlegt. Was bleibt uns übrig, als uns selbst eine Meinung zu bilden. Versuchen wir's!

Da müssen erst einmal ein paar klare Begriffe her, denn es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie. Der Workshop beginnt daher, nach einem kurzen Blick auf den verwirrenden Stand der Kunst des Game-Based Learning (GBL), mit theoretischen Grundlagen der Spiele und des Spielens. Da konkurrierende Theorien zu finden sind, muss eine von der Praxis getriebene Auswahl erfolgen. Im Zuge der Entwicklung theoretischer Auffassungen werden erste praktische Konsequenzen abgeleitet, etwa um zu verstehen, warum so mancher Ansatz einer "Computer-Spiele-Schule" für Eltern oder Politiker zum Scheitern verurteilt ist. Dann wird ein wenig gespielt, um zu erleben und diskutieren zu können, was beim Spielen wichtig sein könnte.

Abgeleitet aus der praktischen Erfahrung werden formale Methoden zur Beschreibung essentieller Eigenschaften von Spielen und Spielerlebnissen entwickelt. Im Mittelpunkt steht der Begriff des Patterns im Spielerleben. Die Familie der PCP-Spiele wird kurz vorgestellt, um eine Grundlage für recht tiefliegende Einsichten zu schaffen -- auch wenn Beweise im mathematischen Sinne nicht in den Rahmen des Workshops passen. Anhand des im praktischen Einsatz befindlichen Spiels "TraSt", das zum Training von Krisenstäben beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe entwickelt worden ist, werden die neuesten Technologien des GBL zumindest skizziert. Den Abschluss bildet eine Einführung und ein wenig praktische Erfahrung mit digitalen Spielen für die Schule: das Rollenspiel "The English Minnits" und das Adventure "Catch 22".


Mittwoch, 10.12.14, 19:30-21:00 Uhr

Nadine Bergner, InfoSphere-Team an der RWTH Aachen

Arduino-Mikrocontroller -- kleine Alleskönner, aber was leisten sie im Unterricht?!

Informatik enlightened - Was Blumen, Autos und Solarzellen verbindet, heißt das neuste Projekt des Schülerlabors InfoSphere in Aachen. Informatik enlightened - also Informatik erleuchtet? Und das mittels Arduino-Mikrocontroller?!? Aber gilt das auch für den Unterricht? In diesem Workshop gilt es dies zu erforschen.

Konzipiert wurde die Lehrerfortbildung zu einem 5-stündigen Workshop für Schülerinnen und Schüler zum Ende der Mittel- bzw. Anfang der Oberstufe, bei dem es um folgende Fragen geht: "Wie kann uns unsichtbares Licht beim Einparken helfen? Und kann man damit auch Geschwindigkeiten messen? Wie überträgt man mit Licht Informationen? Und was ist eigentlich erforderlich, um aus Solarzellen das Maximum rauszuholen?" - Die Antwort ist einfach: Mit Arduino-Mikrocontrollern, einer Menge LEDs, vielen weiteren elektrischen Bauteilen, ein bisschen Programmierung und viel Spaß!

Im Rahmen dieses kurzen Workshops soll ein erster Einblick in die spannende Welt der Mikrocontroller-Programmierung mittels Arduinos gegeben und dabei die Interdisziplinarität der Informatik einmal mehr hervorgehoben werden. Da nicht nur für Kinder und Jugendliche gilt: Beim Selbermachen lernt man am besten, ist dies auch das Motto des Workshops. Daher ist es notwendig, dass Sie einen Laptop mit installiertem Arduino IDE mitbringen; wichtig ist, dass nicht nur die Umgebung, sondern auch die Treiber installiert sind, damit vor Ort direkt mit den Arduinos (werden gestellt) gearbeitet werden kann. Hier finden Sie unsere Installationsanleitung. Damit es am 10.12. heißt: Licht aus, Bühne frei, für die kleinen blauen Alleskönner?!?



Donnerstag, 11.12.14, 9-12 Uhr

Stefan Nürnberger, Mitarbeiter der Gruppe "Information Security & Cryptography" an der Universität des Saarlandes

Computersicherheit im Auto

Wenn Sie aufzählen müssten, mit wie vielen Computern sie täglich interagieren, würden Sie sicherlich an Ihr Smartphone denken, Ihren Laptop und eventuell haben Sie auch zusätzlich einen Desktop-PC zu Hause oder auf der Arbeit. Doch was ist mit den unzähligen Computern, die sich in unser Leben eingeschlichen haben, die wir aber gar nicht als solche wahrnehmen? Ein Auto, eine elektrische Zahnbürste und eine Spülmaschine haben eines gemeinsam: Wir nehmen sie nicht als Computer wahr, und doch werkeln in all diesen Geräten Prozessoren, die Tausende von Entscheidungen pro Sekunde treffen - sogenannte eingebettete Systeme. Bis zu 80 Prozessoren arbeiten permanent in Ihrem Fahrzeug, damit Assistenzsysteme funktionieren oder der Verbrauch optimiert wird. Sie erleichtern uns das Leben - oder retten es im Notfall. Die Komplexität hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Der erste bemannte Flug zum Mond wurde von einem Computer durchgeführt, der Anweisungen in Form von ca. 2.000 Instruktionen enthielt. Ihr Smartphone beispielsweise bekommt permanent 45.000 mal so viele Instruktionen und trifft ungefähr 1.000 mal schneller Entscheidungen als Apollo 11. Doch wie steht es um die Software-Sicherheit? Wenn eine App auf Ihrem Smartphone abstürzt ist das ärgerlich. Doch wenn ihr ABS-Prozessor im Auto abstürzt, kann dies tödlich enden.

Stefan Nürnberger forscht an der systematischen Verbesserung der Computersicherheit an der Universität des Saarlandes. Darüber hinaus erforscht er auch neue Angriffsmethoden, um den Hackern bereits einen Schritt voraus zu sein. In dieser Fortbildung gibt er Einblicke in die Computersicherheit, die über Virenscanner und Firewalls hinausgehen, und zeigt gute und schlechte Praxisbeispiele anhand sicherheitskritischer Software: nämlich im Auto.

Die dreistündige Fortbildung ist interaktiv gestaltet. Die Teilnehmer sollen unter Anleitung in kontrollierter Umgebung selbst "hacken". Ein eigener Computer ist hilfreich, um selbst Angriffe gegen die bereitgestellte Infrastruktur auszuprobieren.


Donnerstag, 11.12.14, 14-17 Uhr

Prof. Dr. Meinard Müller, International Audio Laboratories an der Universität Erlangen-Nürnberg

Musik und Schallwellen

Wenn man Musik auf einem Instrument spielt, entstehen Schallwellen. Dies sind Wellen in der Luft ähnlich wie die Wellen im Wasser. Die Schallwellen werden von unseren Ohren erfasst, und wir nehmen diese dann als Musik wahr. Im ersten Teil des Vortrags soll den akustischen Schallwellen ein wenig auf die Spur gegangen werden. Wie werden musikalische Eigenschaften wie Tonhöhen, Notenlängen oder Lautstärken durch die Wellen dargestellt? Warum klingt eine Flöte anders als ein Klavier? Wie kann man das messen? Wie hört es sich an, wenn man die Wellen absichtlich verändert?

Im zweiten Teil des Vortrags sollen dann aktuelle Fragestellungen zur automatischen Erschließung von Musikdaten angesprochen werden. Hierbei geht es um die Entwicklung von Methoden und Systemen, die Benutzern große, in digitaler Form vorliegende Musikkollektionen in vielfältiger Weise zugänglich machen. Insbesondere die Analyse von auf Wellenformen basierenden Audiodaten ist im Hinblick auf effizientes und effektives Musikretrieval von fundamentaler Bedeutung. Exemplarisch soll auf drei aktuelle inhaltsbasierte Suchaufgaben eingegangen werden: Audio-Fingerprinting, Audio-Matching und Cover-Song Identifikation.



Freitag, 12.12.14, 9-12 Uhr

Prof. Dr. Frank Wilhelm-Mauch, Theoretische Physik an der Universität des Saarlandes

Schnelles Rechnen und sicheres Kommunizieren mit Quantenphysik - und wie wir die Quanten neu verstehen

Quantenphysik ist etabliert als die Beschreibung kleiner Materiebausteine wie z.B. Atome, aber auch Transistoren und Laser. Seit etwa 20 Jahren wird der Spieß umgedreht: Quantensysteme werden gebaut und gesteuert, um Information besonders schnell zu verarbeiten oder - Dank der Eigenheiten des quantenmechanischen Messprozesses - um garantiert abhörsicher zu kommunizieren. Die Untersuchung solcher Ideen liefert einen modernen Zugang in die Quantenphysik, der einfache Strukturen und Konzepte betont und Rechentechniken hintenan stellt.

Im ersten Teil entwickeln wir (motiviert am Beispiel von Lichtteilchen) Grundkonzepte der Quantenphysik wie Superposition, Messung, und Verschränkung rnhand linearer Algebra in zwei (und kurz auch einmal vier) Dimensionen. Wir überlegen uns, welche Operationen (oder zeitliche Entwicklungen) die Naturgesetze erlauben, und entwickeln die symbolische Sprache des Quantengattermodells.

Anhand dieses elementaren Modells diskutieren wir im zweiten Teil drei Anwendungen:

  1. die Teleportation, also der Transport eines Quantenzustands zwischen zwei Systemen, die nicht in Wechselwirkung stehen.
  2. die abhörsichere Erzeugung eines geheimen Schlüssels für die Kommunikation (mit Karten(bei)spiel) und, falls die Zeit es erlaubt,
  3. die exponenzielle Beschleunigung der Charakterisierung eines Orakels.

Im dritten Teil wird kurz der experimentelle Stand der Technik zusammengefasst.

Anders als in herkömmlichen Zugängen wird kein einziges Mal ein Energiespektrum ausgerechnet oder die Schrödinger Gleichung gelöst. Die Präsentation beruht in Teilen auf dem Buch "Six quantum pieces" (Scarani, Chua, Liu), das gemeinsam von der Universität in Singapur und einem Gymnasium entwickelt wurde, sowie verschiedenen auf den "Highlights der Physik" im September 2014 in Saarbrücken erprobten Formaten.


Freitag, 12.12.14, 13-16 Uhr

Roland Blach, Leiter des Kompetenzzentrums "Virtual Environments" am Fraunhofer IAO, Stuttgart

Virtuelle Realität: Entwicklungen und Ausprägungen

Seit Anfang der 90er beschäftigen sich Forscher weltweit intensiv mit dem Thema dreidimensionaler Nutzerschnittstellen und virtuellen Welten. Die Konzepte und Technologien wurden zunächst mit dem Begriff Virtual Reality belegt, haben sich aber ausdifferenziert und finden sich in aktuellen Technologien wie Augmented Reality, Mixed Reality, Tangible Interfaces, Natural Interfaces und Computerspielen wieder. Die Trennung dieser Themen ist hier nicht scharf und auch als Mitglied der Forschungsgemeinde ist es nicht immer einfach, hier den Überblick zu behalten.

Im ersten Teil des Vortrags gebe ich einen Überblick über die verschiedenen Konzepte und Technologien, ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Darauf aufbauend werde ich einige Anwendungen aus dem Forschungs- und Industrieumfeld zeigen.

Im zweiten Teil möchte ich mit den Teilnehmern über die gesellschaftliche Bedeutung diskutieren, die sehr stark geprägt ist von Computerspielen, aber natürlich ihre Wurzeln im Begriff der Virtuellen Realität hat. War die Debatte anfänglich stark von der Angst des Realitätsverlustes geprägt, geht es heute zumeist um die eher pragmatische Fragestellung "Wann nutze ich welche Interface-Technologie?".

Wie stellen sich diese eher globalen Fragestellungen im Alltag des Lehrers dar und lassen sich diese sinnvoll im Unterricht nutzen?



Aktualisiert: 4. November 2014, Dr. Roswitha Bardohl, Tel. (0681) 302-3847